So geht Bebauungsplanung in Schiffdorf:
Zersiedelung Schiffdorfs - auf Kosten der Natur, aber „nachhaltig”
Im September 2021 beschloss der Gemeinderat eine Änderung des Schiffdorfer Flächennutzungsplans (FNP). Im sogenannten Gebiet „Schiffdorf 1” westlich der Feuerwehrtechnischen Zentrale soll ein Baugebiet entstehen.
Im FNP heißt es dazu zur Begründung, dass die Bevölkerung Schiffdorfs bis 2027 um 6 % steigen wird.
Fakt ist:
Die Planungsunterlagen zitieren 3 verschiedene demographische Prognosen. 2 davon gehen von einem Rückgang der Bevölkerung von 0,5 bis 7,8 % bis 2030 aus. Lediglich eine spricht von einer Steigerung. Die Planung hat letztere als „am besten” zur Grundlage genommen - ohne dass es dafür eine Begründung gibt. (Plan Nr. 2.3.1)
Weiterhin fordert der FNP ein Überangebot an Bauflächen für Schiffdorf, weil der Ort ein „Grundzentrum” sei.
Fakt ist:
Die Planer errechneten für Schiffdorf einen Bedarf an Wohnbauland bis 2030 von 0 (Null) ha. (2.3.5).
Deutsches Baurecht fordert, die Innenentwicklung von Ortschaften gegenüber der Außenentwicklung (Ortsrandlagen) zu priorisieren. Damit soll eine Zersiedelung der Landschaft verhindert und die Ortsmitte verdichtet und belebt werden. Die beiden Gebiete „Schiffdorf 1” und „Schiffdorf 2” liegen jedoch an genau diesen Randlagen.
In der Strategischen Entwicklungsplanung Schiffdorf 2030 heißt es dazu auf S. 82: „Mit dem Grundsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ verfolgt die Gemeinde Schiffdorf eine natur- und landschaftsverträgliche sowie kostengünstige Richtung, die auch den gesetzlichen Vorgaben entspricht.” Oder: Leitziel 1 der Siedlungsentwicklung: „Die Gemeinde Schiffdorf konzentriert sich auf die Innenentwicklung der einzelnen Ortschaften und fördert grundsätzlich die Nachverdichtung bzw. Nachnutzung. Einzelne Neubauvorhaben können weiterhin erfolgen. Die Ausweisung von Neubaugebieten sollte jedoch sehr zurückhaltend und bedarfsgerecht erfolgen.” (S. 30)
Fakt ist:
Diese ständig wiederholten Ziele der Gemeinde werden ebenso ständig ignoriert. Selbst die Planer formulieren: „Die Flächen der Neudarstellungen befinden sich am Rand oder außerhalb der Siedlungsbereiche. Es werden größtenteils bisher landwirtschaftlich genutzte Flächen für eine künftige Bebauung in Anspruch genommen." (6.2.1.3)
Der Plan sieht keine Auswirkungen auf artenschutzrechtlich relevante Tierarten (6.2.1.1)
Fakt ist:
In beiden Gebieten und den angrenzenden Grundstücken sind entgegen dem Gutachten, auf das sich die Planer/-innen beziehen, u. a. folgende Tiere heimisch bzw. sichtbar: Rehe, Fasanen, Eulen und Fledermäuse. Für 3 von ihnen besteht besonderer Artenschutz.
Die Gemeinde verfolgt „seit Jahrzehnten” als städtebauliches Ziel die Entwicklung von Bauland, was naturgemäß mit erheblicher Flächenversiegelung verbunden ist.
Fakt ist:
Selbst die Planer formulieren: „Eine erhebliche negative Beeinträchtigung der Schutzgüter Fläche und Boden werden durch die Planung vorbereitet.” (6.2.1.3)
Die Gemeinde bemüht auffallend oft den Begriff der „Nachhaltigkeit”, um ihre Politik zu rechtfertigen. Bürgermeister Wärner führte ihn in seinem Wahlkampf pausenlos im Munde.
Fakt ist:
Das geplante Baugebiet „Schiffdorf 1” versiegelt zu großen Teilen eine wichtige Grundwassersenke und ist damit nicht nachhaltig. Die Planer sprechen in 6.2.1.4 von „Beeinflussung des Boden-Wasserhaushalts durch die zusätzliche Versiegelung, dadurch Verminderung der Grundwasserneubildung und Erhöhung des Oberflächenabflusses." Sie gehen von „sehr erheblichen Umweltauswirkungen" v. a. in den Bereichen der Schutzgüter „Fläche/Boden" und „Wasser" aus. „Sehr erheblich” ist die negativste Kategorie in der Bauplanung.
Die Grünen im Gemeinderat - weggetaucht
Anlässlich der bevorstehenden Abstimmung im Gemeinderat am 15. 3. 2022 über den Teil-Flächennutzungsplan (FNP) für neue Baugebiete in Schiffdorf sammelten Menschen der Straße Eschring in unmittelbarer Nachbarschaft des Baugebiets „Schiffdorf 1” Unterschriften gegen diese Planung. Diese 19 Unterschreibenden forderten Unterstützung für Ihren Protest gegen die Bauplanung sowie die mit ihr verbundene Planung einer Zufahrtsstraße direkt hinter den Grundstücken des Eschrings. Eine solche Straße würde für die betroffenen Grundstücke motorisierten Verkehr sowohl an der Südseite als auch an der Nordseite bedeuten.
Fakt ist:
Der Bauausschuss der Gemeinde hatte zuvor dem FNP einstimmig zugestimmt - also auch mit einem „Ja” der Grünen.
In diesem Offenen Brief heißt es u. a.: „Wir Bürgerinnen und Bürger, die in nächster Nachbarschaft zu den geplanten Baugebieten wohnen, fragen uns, wie die Abgeordneten der Grünen, die in den vergangenen Jahren auf lokaler Ebene stets mit uns auf der Seite von Umweltschutz, Artenschutz, Nachhaltigkeit standen und deren gesamte politische Arbeit bekanntlich diesen Zielen verpflichtet ist, plötzlich derartig umweltschädlichen Maßnahmen zustimmen können.
Der Einwand von „Bürger C” ist von 19 Menschen der Straße Eschring in Schiffdorf unterschrieben worden! Wir machen uns Sorgen um unsere Lebensqualität und um die Qualität der Luft, des Schallpegels, des Wassers, der notwendigen Verkehrswende. Wem, wenn nicht den Grünen, sollten diese Themen geläufig sein?
Wir fragen uns also, und hiermit fragen wir auch euch Grüne: Warum unterstützt ihr nicht unsere Ziele, die im Wahlkampf auch als die euren ausgegeben wurden? Warum stimmt ihr für Zersiedelung der Landschaft, weiteres Artensterben, rückwärts gewandte Verkehrspolitik, Gefährdung von Grundwasserreservoirs?”
Fakt ist:
Die Grünen (Jana Wanzek, Hauke Kahrs, Wolfgang Kirschner, Otto Döscher) haben auch im Gemeinderat am 15. 3. 2023 nicht gegen den FNP gestimmt. Sie haben inhaltlich zu den ihnen bekannt gemachten Argumenten keine Stellung bezogen. In einem Antwortschreiben auf den Offenen Brief heißt es u. a.: „Die Unterschriftenliste ist uns in Form eines offenen Briefes zugegangen und haben wir zur Kenntnis genommen. Dass Sie sich von unserer Fraktion enttäuscht fühlen, finden wir sehr schade, können dies aber nur zur Kenntnis nehmen.”
Die Frage ist:
Was taugen solche GRÜNEN für den Umweltschutz?